Das Thema Klimaschutz hat in den letzten Jahren weltweit an Bedeutung gewonnen. Klimazertifikate, die es Mineralölkonzernen ermöglichen, ihre Emissionen zu kompensieren, spielen eine entscheidende Rolle bei den Bemühungen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Doch wie der jüngste Vorfall um mutmaßliche Betrugsfälle in China zeigt, ist nicht immer alles so, wie es scheint.
Das Umweltbundesamt (UBA) hat nun deutschen Konzernen die Ausstellung von CO2-Zertifikaten verweigert. Es handelt sich um acht Klimaschutzprojekte in China, bei denen Unstimmigkeiten aufgedeckt wurden. Doch was genau steckt hinter diesen Vorwürfen, und welche Konsequenzen hat dies für die betroffenen Unternehmen?
Kurz & Knapp
Der aktuelle Vorfall um die verweigerten CO2-Zertifikate geht auf ein im Juni 2024 bekannt gewordenes Betrugsgeflecht zurück, in das deutsche Mineralölkonzerne involviert sein sollen. Laut einem Bericht der Tagesschau, hat das UBA in acht Klimaschutzprojekten Unregelmäßigkeiten festgestellt und deshalb die Ausstellung der entsprechenden Zertifikate verweigert.
Nach Angaben des UBA wurden die Anträge zur Zertifikatsfreigabe bei sieben der acht Projekte zurückgenommen, da erhebliche rechtliche und technische Unstimmigkeiten bestanden. Ein weiteres Projekt erhielt kein Zertifikat, da es entgegen den Regeln "vorzeitig begonnen" wurde.
Diese acht Zertifikate hätten einer Einsparung von 215.000 Tonnen CO2 entsprochen, die sich die betroffenen Konzerne auf ihre CO2-Bilanz anrechnen lassen wollten. Zur Aufklärung der Vorfälle hat das UBA nicht nur eigene Ermittlungen eingeleitet, sondern auch eine internationale Anwaltskanzlei hinzugezogen, die vor Ort in China aktiv ist.
Mineralölkonzerne in Europa sind nach geltenden Regelungen verpflichtet, die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) zu erfüllen. Eine Möglichkeit, diese Quote zu erfüllen, besteht in der Nutzung von Biokraftstoffen, aber auch durch sogenannte Upstream-Emissions-Reduktions-Projekte (UER).
Diese Projekte sollen den Klimaschutz schon vor der Weiterverarbeitung des Rohöls in Raffinerien unterstützen, zum Beispiel indem das Verbrennen von Abgasen bei der Ölförderung verhindert wird. Doch die jüngsten Enthüllungen werfen Zweifel an der Glaubwürdigkeit einiger dieser UER-Projekte auf.
Es besteht der Verdacht, dass einige dieser Projekte entweder gar nicht realisiert wurden oder nicht die versprochenen CO2-Einsparungen erbrachten. Infolgedessen stehen nun 40 von insgesamt 69 Projekten in China unter Betrugsverdacht.
Die Ermittlungen des UBA und der Berliner Staatsanwaltschaft laufen auf Hochtouren, und Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat die Annahme neuer Anträge ab dem 1. Juli gestoppt.
Um auf den Verdacht des groß angelegten Betrugs zu reagieren, hat das UBA umfassende Maßnahmen ergriffen. Neben der Einschaltung einer internationalen Anwaltskanzlei, die in China tätig ist, werden auch weitere 13 Projekte unter die Lupe genommen. Umweltministerin Lemke spricht von schwerwiegender Umweltkriminalität und sie hat eine umfassende Aufklärung zugesagt.
Schon Mitte Juli 2024 fanden in Bayern und Nordrhein-Westfalen im Namen der Berliner Staatsanwaltschaft Razzien bei Unternehmen statt, die auf Umweltgutachten fokussiert sind. Diese Razzien sind Teil der Ermittlungen gegen 17 Personen, die im Verdacht stehen, gemeinschaftlichen und gewerbsmäßigen Betrug begangen zu haben.
Die aktuellen Ereignisse um die verweigerten CO2-Zertifikate zeigen, wie anfällig der Handel mit Emissionszertifikaten für Missbrauch ist. Die Vorfälle unterstreichen die Notwendigkeit strengerer Kontrollen und transparenterer Verfahren, um sicherzustellen, dass die Klimaziele tatsächlich erreicht werden. Dies könnte erst der Anfang einer Reihe von Enthüllungen sein.
Konzerne, die auf den Handel mit THG-Quoten und Klimazertifikaten setzen, müssen sich auf verstärkte Überprüfungen einstellen. Dies könnte auch die Kosten und Risiken für Investitionen in solche Projekte erhöhen.
Dennoch ist klar, dass Klimaschutzprojekte und der Handel mit Zertifikaten weiterhin eine wichtige Rolle bei der Minderung von Treibhausgasen spielen. Entscheidend wird sein, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Kontrollmechanismen so angepasst werden, dass Betrug effektiv verhindert werden kann. Nur so kann das Vertrauen in den Markt für Umweltzertifikate wiederhergestellt werden.